Religionsfreiheit und Corona-Regeln: Laienrat kritisiert VfGH
Glaubende, die an einer religiösen Handlung mitwirken, seien somit nicht "Konsumenten" einer religiösen Handlung, sondern übten in tätiger Teilnahme ihre verfassungsrechtlich geschützte Religionsfreiheit aktiv aus.
Zur Erinnerung: Der VfGH hatte sich im Sommer mit der 5. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung befasst, die für 22. November bis 11. Dezember 2021 einen bundesweiten Lockdown vorsah. Das Betreten des Kundenbereichs von Kultureinrichtungen war in diesem Zeitraum ausnahmslos untersagt, Zusammenkünfte zur Religionsausübung waren hingegen vom Geltungsbereich der Verordnung ausgenommen. Laut VfGH-Erkenntnis war dies als gleichheitswidrig unzulässig, das Gesundheitsministerium regierte darauf zuletzt mit einer Neuregelung: Demnach sind für Kirchen, Religionsgesellschaften und religiöse Bekenntnisgemeinschaften Ausnahmen zum Zweck der Religionsausübung dann möglich, wenn sie im eigenen Bereich im Vergleich zu den staatlichen Bestimmungen "gleichwertige Regelungen" haben und für deren Einhaltung Sorge tragen.
Der Katholische Laienrat begrüßte in seiner bei der Vollversammlung am Wochenende in Klagenfurt beschlossenen Resolution, dass das Gesundheitsministerium eine Regelung traf, "die auf Besonderheiten religiöser Gemeinschaften Rücksicht nehmen will". Diese Besonderheit hätte nach Auffassung des KLRÖ eine Bereichsausnahme des religiösen Bereichs ebenso gerechtfertigt, wie dies etwa bei den Universitäten "in zutreffender Weise nicht in Frage gestellt wurde".
Ungleiches nicht gleich behandeln
Aus Sicht des KLRÖ ist auch die in der Verordnung jetzt vorgenommene Gleichsetzung von gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften und eingetragenen religiösen Bekenntnisgemeinschaften "problematisch": Aus der verfassungsrechtlichen "Verpflichtung, Ungleiches ungleich zu behandeln", habe der Gesetzgeber eine religionsrechtliche Differenzierung zwischen beiden geschaffen. Diese sollte auch in anderen Regelungen, beispielsweise im Pandemierecht, berücksichtigt werden.
Der Laienrat forderte, das verfassungsrechtlich geschützte Recht der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften, ihre inneren Angelegenheiten selbst zu regeln, müsse bei der künftigen Gestaltung aller staatlichen Regelungen und der Kontrolle deren Einhaltung geachtet werden.
Am Freitag hatte sich auch der Generalsekretär der Bischofskonferenz, Peter Schipka, zur Neuregelung durch das Ministerium zu Wort gemeldet und sie als "angemessen" gelobt. "Es wäre zwar auch ein anderes Ergebnis bei der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes rechtlich vertretbar gewesen", so Schipka. Die neue Corona-Verordnung sei aber aus Sicht der Bischofskonferenz ein geeigneter Weg, um die nun rechtlich gebotenen und sachlich notwendigen Aspekte umzusetzen".
"Synodales Geschehen vertiefen"
Der KLRÖ befasste sich in seiner Vollversammlung auch ausführlich mit der "Nationalen Synthese zum synodalen Prozess", die von Österreichs Katholischer Kirche mit Blick auf die Weltbischofssynoden im Oktober 2023 und 2024 aus den Diözesaneingaben erarbeitet und nach Rom gesandt wurde. "Die bisherigen Erfahrungen ermutigen, das synodale Geschehen zu vertiefen", hielt der Laienrat zum Prozedere in Österreich fest.
Die Ziele des synodalen Prozesses könnten nur erreicht werden, "wenn die gleiche Würde aller Getauften und das gemeinsame Priestertum aller Gläubigen in einem geschwisterlichen Zusammenwirken von Priestern, Ordensleuten und Laienchrist/inn/en und in der Gleichstellung von Frauen und Männern verwirklicht werden", so der Laienrat. In den Pfarren und katholischen Einrichtungen sollten möglichst viele der positiven Vorschläge umgesetzt und dafür z.B. die Pfarrgemeinderatsordnungen entsprechend überarbeitet werden. Auf Diözesanebene gelte es Synodalität etwa durch Leitungsaufgaben auch für Laienchristinnen und -christen zu stärken.
Ein Wunsch des Laienrates ist weiters, die oft geäußerten Wünsche nach kirchenrechtlichen Veränderungen im Vatikan "mit Nachdruck vorzubringen"; als Beispiele dafür nannte das Gremium die Stellung der wiederverheirateten Geschiedenen, Fragen der Sexualethik, die Weihe von Frauen und den freiwilligen Zölibat für Weltgeistliche. Die Aufgaben und Kompetenzen der nationalen Bischofskonferenzen sollten erweitert und ein synodales Gremium in Entscheidungsfindungen regelmäßig eingebunden werden - wie dies etwa bei der vorsynodalen Versammlung im Sommer in Mariazell der Fall gewesen sei.
Grundsätzlich hielt der KLRÖ fest: Mehr Synodalität "dient dazu, die Glaubwürdigkeit der Kirche zu stärken und die christliche Botschaft verstärkt in die Gesellschaft hinauszutragen".
Bei der Vollversammlung am vergangenen Wochenende in Klagenfurt legten drei Fachleute in Impulsreferate dar, wie trotz unterschiedlicher Standpunkte gute Gespräche geführt werden können. Neben Laienrats-Präsident Wolfgang Mazal, Professor für Arbeits- und Sozialrecht und Leiter des Österrrischischen Institutes für Familienforschung, äußerten sich die Unternehmensberaterin und Präsidentin der Katholischen Aktion Kärnten, Iris Strasser, sowie der in der Gewaltberatung engagierte Psychologe Joachim Lempert.
Der Katholische Laienrat ist eine Plattform für teils sehr unterschiedliche Laienverbände und -bewegungen wie Katholische Aktion, Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände, Cartellverband, Sportunion, Katholischer Familienverband, Legio Mariae oder "Wir sind Kirche". (Info: www.laienrat.at)
Wien, Kathpress, 24.10.2022